In Thrillern wie Dan Browns "Sakrileg" wird Jesus eine starke Frau an die Seite gestellt. Geert Kimpen geht in seinem Roman "Der Kabbalist" noch einen Schritt weiter. "Der Kabbalist" vereint die verzaubernde Atmosphäre und spirituelle Weisheit von Coelhos "Alchimist" mit der Wissensfülle von Ecos "Der Name der Rose" und Thrillerspannung à la "Sakrileg".
- WESTDEUTSCHE ZEITUNG
Lassen Sie sich in die zauberhafte Welt des Orients und der Kabbala führen. Erleben Sie den Hauch der damaligen Zeit. Tauchen Sie ein in die packende Liebes- und Lebens- und Entwicklungsgeschichte von Chaim Vital, den Kabbalisten.
KURZBESCHREIBUNG DER KABBALIST
Ein Leben zwischen Erleuchtung und Leidenschaft
Die Geschichte von Chaim Vitals Suche nach den Geheimnissen der Schöpfung
- Roman
Chaim Vital, ein junger Kabbalist des 16. Jahrhunderts, hat einen ehrgeizigen Traum: Er will die mystische Lehre der Kabbala, die nur wenige Eingeweihte verstehen, allen Menschen zugänglich machen. Dieses idealistische Ziel bestimmt sein Leben - bis er sich in die Tochter seines Lehrers verliebt. Er muss sich entscheiden zwischen der Menschheitssehnsucht nach Weisheit und seiner Sehnsucht nach der Geliebten, die einem anderen versprochen ist. Nach einer wahren Geschichte entwarf Geert Kimpen ein historisches Tableau, wie es packender, sinnlicher und kenntnisreicher kaum sein könnte.
'Der Kabbalist' ist ein Weltklasse-Buch...
- ESOTERIKMESSE
Die Geschichte von Chaim Vitals Einweihung ist Hollands literarischer Überraschungserfolg.
Safed, eine kleine Stadt im Hügelland von Palästina, im Jahr 1570. Chaim Vital hegt einen großen Traum. Er will die jüdische Geheimlehre Kabbala, die bislang nur Eingeweihten zugänglich war, allen Menschen verfügbar machen. Doch Chaim verliebt sich in Francesca, die Tochter seines Lehrers und Vorbilds Itschak Luria. Und der stellt ihn vor die Wahl, entweder seiner sinnlichen oder seiner spirituellen Sehnsucht zu folgen. Angesichts dieses nahezu unlösbaren Dilemmas erfährt Geert Kimpens Romanheld spirituelle Offenbarungen und wird zugleich mit seinen eigenen emotionalen Sehnsüchten und Abgründen konfrontiert. Nach der wahren Geschichte des historischen Kabbalisten Vital entwarf das literarische Naturtalent Kimpen ein historisches Tableau, wie es praller, sinnlicher und kenntnisreicher kaum sein könnte. "Der Kabbalist" vereint die verzaubernde Atmosphäre und spirituelle Weisheit von Coelhos "Alchimist" mit der Wissensfülle von Ecos "Der Name der Rose" und Thrillerspannung à la "Sakrileg". Schon jetzt einer der erfolgreichsten niederländischen Romane des neuen Jahrtausends, wird bereits in zahlreiche Sprachen übersetzt. Auch die Verfilmung ist bereits in Planung.
"Ein historisches Tableau, wie es farbenprächtiger, sinnlicher und kenntnisreicher kaum sein könnte."
- Lübecker Stadtzeitung
Geert Kimpen, in Belgien geboren, studierte Theaterregie an der Amsterdamer Kunsthochschule. Der 1965 geborene Autor und Theaterregisseur hat mehr als 30 Theaterstücke geschrieben, inszeniert und in ganz Europa aufgeführt. Für sein Regiedebüt mit dem Stück "Menelaos" gewann er den angesehenen Prinz-Bernhard-Preis. 2003 erhielt er die Auszeichnung für die "beste niederländische Theaterproduktion". Als Buchautor hatte er (zusammen mit seiner Frau Christine Pannebakker) in den Niederlanden bereits einen Bestsellererfolg mit "Het Liefdesdagboek" ("Liebestagebuch"). Für seine Regiearbeiten wurde Geert Kimpen mit renommierten Preisen geehrt, beendete 2004 jedoch alle Theaterverpflichtungen, um sich auf eine spirituelle Suche zu begeben, die ihn durch Europa, Israel, Ägypten, die Türkei und die USA geführt hat. Sein Roman "DER KABBALIST", der in Holland von Publikum und Presse enthusiastisch aufgenommen wurde, ist von dieser Suche inspiriert.
"Die spirituelle Suche des Chaim Vital ist in eine spannende Handlung eingebettet. Detailreich schildert Kimpen das Leben in einer kleinen Stadt mit den vielfältigen Bindungen zwischen ihren Bewohnern. Liebevoll zeichnet er die Charaktere in diesem Mikrokosmos, ihr Alltagsleben ebenso wie ihre Sehnsüchte, bis klar wird, dass diese kleine Stadt in den Bergen die ganze Welt widerspiegelt."
- dpa
Originaltitel: De kabbalist
Originalverlag: Arbeiderspers
Aus dem Niederländischen von Hildegard Höhr
DEUTSCHE ERSTAUSGABE
Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 480 Seiten, 13,5 x 21,5 cm
ISBN: 978-3-442-33785-9
€ 17,95 [D] | € 18,50 [A] Die österreichischen Preise wurden von unserem Alleinauslieferer als sein gesetzlicher Letztverkaufspreis in Österreich festgelegt. | CHF 31,90 (UVP)Unverbindliche Preisempfehlung
Verlag: Arkana
"Dieses Buch verdient so viel Aufmerksamkeit wie 'Die Prophezeiungen von Celestine', der Überraschungshit der 90er-Jahre. 'Der Kabbalist' ist ein Weltklasse-Buch, das seine Weisheit mit leichter Hand enthüllt und die Seele auf das Tiefste berührt."
- Haagsche Courant (niederländische Tageszeitung)"'Der Kabbalist' ist ein beglückendes Buch voller Geheimnis und Atmosphäre, mit einer träumerischen, exotischen Stimmung. Es ist aufregend und erinnert in mancher Hinsicht sogar an Dan Browns Bestseller 'Der Da Vinci Code' - 'Sakrileg'. Kimpen ist ein geborener Geschichtenerzähler. Die lebendigen Szenen des Buches 'schreien' geradezu nach einer Verfilmung. Sicherlich verdanken wir sie zum Teil der professionellen Erfahrung des Autors als Regisseur."
- 't Scheldt (belgisches Wochenmagazin)"DER KABBALIST ist ein Weltklasse-Buch, das seine Weisheit mit leichter Hand enthüllt und die Seele auf das Tiefste berührt."
- Haagsche Courant
Flemish Literature Fund
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De Arbeiderspers
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Es war kein Mord, sagte er sich, sondern ein Unfall, ein tragisches Missgeschick. Schließlich hatte sein Vater die Sache auf die Spitze getrieben, nicht er. Er hatte seinem Vater ja auch nicht ständig seine zwanghafte Verehrung für die Tora vorgeworfen. Warum wollte dieser ihn dann bei seinem Studium der Alchimie einfach nicht in Ruhe lassen?
Die Alchimie beschrieb die Geheimnisse des Lebens viel unmissverständlicher als die Tora, daran bestand überhaupt kein Zweifel. Sie bot konkrete Methoden an, Rezepte, Anleitungen, eine praxisbezogene Wissenschaft also, die man experimentell überprüfen konnte.
Bei der Tora hingegen war nur sicher, dass nichts sicher war. Nicht einmal bei der Auslegung des unbedeutendsten Verses in den Fünf Büchern Mose herrschte Einigkeit. Seit Jahrhunderten diskutierten Rabbis darüber, was genau in der Bibel eigentlich gemeint war, und schrieben Kommentar um Kommentar. Offenbar war es unmöglich, den Entwicklungsstand eines Menschen zweifelsfrei festzustellen. Deshalb versuchte wahrscheinlich einer den anderen mit immer dickeren Büchern und immer vageren Auslegungen zu übertrumpfen. Auch sein Vater hatte sich dieser jahrhundertealten Tradition mit Inbrunst gewidmet. Immerzu brüstete er sich mit der Anerkennung und dem Ansehen, die er aufgrund seiner Bücher genoss.
Doch das war Chaim nicht genug. Er suchte nach konkreten Antworten. Er wollte die Geheimnisse des Lebens ergründen, wollte wissen, was der Sinn des Daseins war. Ob es ein Leben nach dem Tode gab. Ob das Leben ein Produkt der Willkür oder des Zufalls war. Ob der Mensch sein Leben nach seinem eigenen Willen steuern konnte. Vor allem aber wollte er wissen, wer Gott war - falls er existierte. Wenn es diesen Gott gab, wollte er, Chaim, eine echte, lebendige Beziehung zu Ihm. Von Mann zu Mann. Schließlich war er nach Seinem Ebenbild geschaffen. Wenn das so war, sollte Er sich auch zeigen und sich nicht hinter unergründlichen Bibelversen verbergen, die jeder auslegen konnte, wie es ihm passte. Er wollte, dass Gott ihn als Seinesgleichen ansah.
Sein Vater war es gewesen, der die Konfrontation gesucht hatte. Wie ein lästiger Terrier schnappte er immer wieder zu, schleppte ihn am Hosenbein zur Tora zurück. Wie oft hatte Chaim versucht, ihm klarzumachen, dass dies verlorene Liebesmühe war? In den drei Jahren seines Studiums der Alchimie war Chaim bereits auf mehr Antworten gestoßen, die ihn viel weiter gebracht hatten, als in all den Jahren davor, in denen er sich folgsam der Tora widmete.
Was kümmerte ihn das Wehgeschrei der ganzen Stadt darüber, dass er den Pfad der Tora verlassen hatte? Safed war in dieser Hinsicht ein Dorf. Man wurde auf Schritt und Tritt beobachtet. Jeder war in erster Linie darauf bedacht, nicht anzuecken und das mühsam errungene Ansehen in der Gemeinschaft nicht aufs Spiel zu setzen. Schließlich waren alle auch wirtschaftlich aufeinander angewiesen. Man kaufte voneinander, arbeitete zusammen, nutzte die gleichen Kontakte. Und man teilte den Glauben und die Rituale und besuchte die gleichen Synagogen.
Doch Chaim wollte seinen eigenen Weg gehen. Er schwamm gegen den Strom und schloss Freundschaften mit Muslimen, während die übrigen Juden mit den Anhängern dieser Religion nur rein geschäftlich verkehrten. Ein arabischer Freund hatte ihm ein Buch über Alchimie ausgeliehen, das sein Leben schlagartig veränderte. Die Erkenntnisse und Verheißungen, die darin beschrieben wurden, versetzten ihn in einen verzückten Taumel. Sollte es ihm eines Tages gelingen, Gold herzustellen, würde sich auch seine menschliche Natur in "Gold" verwandeln. Dann wäre er unsterblich, im Besitz aller Weisheit und allen Reichtums, und seine Seele hätte den Zustand der Vollkommenheit erreicht.
Je heftiger sein Vater ihn als Ketzer verurteilte und ihn teuflischer Praktiken bezichtigte, umso stärker wurde seine Entschlossenheit, dieses Ziel zu erreichen. Zwischen ihm und seinem Vater entbrannte ein Wettstreit. Eines Tages würde er ihn mit seinen Einsichten und Resultaten verblüffen. Er würde beweisen, dass das Tora-Studium in eine Sackgasse führte und dass die Antworten in der Alchimie zu finden waren. Über seine Experimente verfasste er genaue schriftliche Aufzeichnungen. Er träumte davon, ein alchimistisches Werk zu schreiben, das alle bisherigen Versuche, dieses Wissen zu vermitteln, übertraf und der Menschheit als Wegweiser dienen konnte. Von den dicken Werken seines Vaters würde dann niemand mehr sprechen. Die Tora wäre überflüssig geworden. Sie würde als das angesehen werden, was sie war: das Dokument einer altmodischen, primitiven Denkweise, liebenswert zwar, aber naiv, sehr naiv.
Wenn Chaim so über Tora und Judentum sprach, spuckte sein Vater Gift und Galle. Für ihn war es unerträglich, dass sein Sohn seine Wurzeln leugnete und dass er all das, wofür sein Vater lebte und woran er glaubte, als wertlos abtat.
Josef Vitals ganze Hoffnung war eine Wanderung durch die Hügel um Safed, die ihm seinen Sohn wieder näherbringen würde. Vielleicht dachte er dann an die Spaziergänge, die sie unternommen hatten, als er noch ein Kind und das Wort seines Vaters ihm heilig gewesen war. Vielleicht erinnerte er sich, wie sein Vater ihm beibrachte, der Natur mit Ehrfurcht zu begegnen. Ehrfurcht gegenüber der Vollkommenheit der Schöpfung, in der Gott alles, was der Mensch brauchte, bereitgestellt hatte. Vielleicht wurde ihm auch wieder bewusst, dass alle Dinge sich gegenseitig im Gleichgewicht hielten und dass alles recht war, so wie es war. Doch was er damals gesagt hatte, schien in ein Fass ohne Boden gefallen zu sein. Chaims einzige Reaktion auf diese Bemühungen war hochmütiges Gelächter.
Als es heftig zu schneien begann, suchten sie Schutz in der Grotte des Schimon bar Jochai. Es hieß, der berühmte Kabbalist habe sich dort dreißig Jahre lang vor den Römern verborgen gehalten, nachdem diese ihn zum Tode verurteilt hatten. Zunächst schien es, als löse sich die Kälte zwischen Vater und Sohn in der Geborgenheit der Grotte auf. Einen Moment lang glaubte der Vater sogar, als er sich bewundernd über die Kabbala geäußert hatte, er könne seinen Sohn erreichen. Chaim fühlte sich nun einmal zum Mystischen hingezogen. Die buchstäbliche Tora vermochte ihn nicht mehr zu bezaubern. Aber vielleicht konnten ihn die in den fünf heiligen Büchern enthaltenen verborgenen Bedeutungen wieder zur Herde zurückführen? Zwar akzeptierten Lehrer der Kabbala üblicherweise nur Schüler, die bereits das vierzigste Lebensjahr erreicht hatten, doch würde er mit Hilfe seiner Beziehungen sicherlich eine Ausnahmegenehmigung für seinen Sohn aushandeln können. Aber diese Hoffnungen erwiesen sich als voreilig. Chaim durchschaute den Manipulationsversuch des Vaters. Gab dieser Mann denn nie auf? Konnte er nicht ein einziges Mal einfach nur mit ihm reden, ohne ihn bekehren zu wollen? Der starrsinnige Glaube des Alten, im Recht zu sein, brachte Chaim zur Weißglut.
Es war kein Mord, es war ein Unfall, ein tragisches Missgeschick gewesen. Das hatte er auch gesagt, als er völlig außer Atem in Safed ankam. Niemand hatte an seiner Darstellung gezweifelt. Unverzüglich war eine Expedition aufgebrochen, um den Leichnam des angesehenen Tora-Kommentators zu bergen. Nur seiner Mutter vertraute Chaim an, was tatsächlich geschehen war - eine verhängnisvolle Ehrlichkeit, die er wahrscheinlich bis in alle Ewigkeit bereuen würde. Niemals mehr wollte Chaim sein Geheimnis einem anderen Menschen offenbaren. Ihm stand eine glänzende Zukunft bevor, und dieser tragische Unglücksfall durfte keinen Schatten darauf werfen.
Safed 1570. Sommer, sieben Jahre später
(jüdische Zeitrechnung: 5330)
Der Gott, der euch Glanz gibt Mem Chet Jod
Chaim Vital war der Sohn des berühmten Tora-Kommentators Josef Vital. Er war fünfundzwanzig Jahre alt, ein gutaussehender junger Mann mit einem wachen Geist. Alle Zeit, die er erübrigen konnte, widmete er dem Studium der Kabbala. Jeden Morgen um drei Uhr besuchte er mit neun anderen Männern den Unterricht des Kabbala-Meisters Cordovero. Weil Chaim stets als Erster eintraf, hatte er den Schlüssel in Verwahrung. Wenn er die Synagoge aufschloss, war ihm, als würde zugleich sein Herz geöffnet. Er liebte es, in der vollkommenen Dunkelheit und Stille zu beten. Erst danach zündete er die Kerzen an und brachte den rechts in der Halle liegenden kargen Unterrichtsraum in Ordnung. Chaim war der jüngste Schüler, dem Cordovero jemals erlaubt hatte, an seinem Unterricht teilzunehmen. Die neun anderen waren vierzig Jahre alt oder älter. Erst in diesem Alter wurde man für reif genug erachtet, mit dem Kabbala-Studium zu beginnen. Ein Mann hatte zu diesem Zeitpunkt in seinem Beruf Fuß gefasst, eine gute Frau gefunden, und seine Kinder waren groß genug, dass sie nicht mehr die gesamte Aufmerksamkeit beanspruchten. Mit vierzig Jahren verfügte man über die Zeit und den Raum, die es brauchte, um sich spirituellen Zielen widmen zu können.
Chaim wurde in Safed von Neid und übler Nachrede verfolgt. Viele Kabbala-Schüler glaubten, sie hätten ein größeres Anrecht als er, von Cordovero persönlich unterrichtet zu werden. Greise, die Chaims Großväter hätten sein können und schon seit Jahrzehnten die Kabbala studierten, mussten zähneknirschend mit ansehen, dass dieser Jüngling wie ein Weiser behandelt wurde.
Unter den Kabbala-Lehrern in Safed gab es eine klare Hierarchie, und niemand zweifelte daran, dass Cordovero die Position ganz oben auf der Stufenleiter zustand. Er wiederum ernannte zehn Schüler, die ebenfalls unterrichteten. Je näher ein Kabbala-Lehrer dem Kreis um Cordovero stand - im besten Fall also dessen Schüler war -, umso höheres Ansehen genossen auch die Schüler dieses Lehrers.
Chaim hatte sich in dieser Hierarchie hochgearbeitet, indem er geduldig bei weniger angesehenen Lehrern studierte. Sorgfältig hatte er Lehrer um Lehrer gewählt, bis der alte Zimra, ein Schüler Cordoveros, ihn akzeptierte. Er hatte gehofft, sich bei Zimra so hervortun zu können, dass dieser ihn schließlich dem Meister, nach dessen direkter Unterweisung Chaim sich sehnte, empfahl. Dann konnte er direkt aus der labenden Quelle trinken. Doch der eitle Zimra, ein Weltenbummler, erfüllte diese Hoffnung nie. Zimra redete nur über sich selbst.
Deshalb bemühte sich Chaim schließlich, immer dort aufzutauchen, wo Cordovero sich gerade aufhielt. Er besuchte die gleichen Synagogen wie der verehrte Meister, kaufte in den gleichen Geschäften ein und unternahm barfuß Wanderungen in den Hügeln, in denen auch Cordovero barfuß zu wandern pflegte. Auf einer dieser Wanderungen kreuzten sich ihre Wege, und Chaim fasste sich ein Herz und sprach den großen Lehrer an.
"Meister Cordovero", erklärte Chaim unumwunden, "ich sehne mich so sehr danach, Gott kennenzulernen. Es heißt, Ihr wüsstet, wie ich ihm begegnen kann."
Cordovero musste unwillkürlich lächeln. Chaims Ungestüm erinnerte ihn an seine eigene Jugend. Auch er hatte sich im Alter von zwanzig Jahren dazu getrieben gefühlt, mit dem Studium der Kabbala zu beginnen. Ihm war - so sagte er manchmal-, als hätte er bis zu seinem zwanzigsten Lebensjahr geschlafen. Kein einziger Gedanke, den er in jener Zeit gehabt hatte, war ihm von Nutzen gewesen.
"Junger Mann", antwortete er, "bis zu dem Augenblick, in dem du hinter dem Baum hervorsprangst, kannte ich dich noch nicht. Weil du mich gesucht hast, bist du von nun an in meinen Gedanken. Wenn ich nachher beim Abendessen mit meiner Frau über andere Dinge rede, bedeutet das nicht, dass du für mich aufhörst zu existieren. So existieren wir alle unablässig in den Gedanken Gottes."
"Dann brauchen wir also nur Seine Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen", rief Chaim hoffnungsvoll aus.
"Oder umgekehrt", erwiderte Cordovero mit leuchtenden Augen. "Vielleicht ist ja Gott hinter dem Baum hervorgesprungen, um deine Aufmerksamkeit zu erhaschen. Gott existiert in allen Dingen, und alle Dinge existieren in Gott. Doch wir werden erst lebendig, wenn wir ihn suchen. Erst dann merken wir, dass er immer schon in uns war und nur darauf gewartet hat, dass wir uns wünschen, ihm zu begegnen."
Cordovero hatte dem jungen Mann daraufhin spontan angeboten, seinen Unterricht zu besuchen. Zimra war außer sich vor Wut.
"Du machst einen schrecklichen Fehler, Cordovero. Dieser Chaim taugt nichts. Eines Tages wirst du bereuen, diesen Speichellecker in deine Klasse aufgenommen zu haben. Und am gleichen Tag wird man mich als den lang ersehnten Messias anbeten", rief Zimra ihm pathetisch zu. Danach hatte der selbstgefällige Weltenbummler den Kontakt zu Cordovero abgebrochen und war zu einem seiner erbittertsten Gegner geworden. Doch das kümmerte Chaim reichlich wenig. Er hatte Zimras Platz eingenommen und war der glücklichste junge Mann in Safed. Erhobenen Hauptes schritt er durch die Straßen, und der Spott seiner Mitmenschen glitt an ihm ab wie ein sanfter Regenschauer im März.
Eines Morgens erklärte Cordovero eines der Grundprinzipien der Kabbala: die Überwindung des Egoismus.
"Es ist gut, wenn der Mensch seinen Egoismus so weit wie möglich entwickelt. Denn durch die Konfrontation mit seinem Egoismus kann sein Charakter korrigiert werden. Ein Kabbalist hat keine Wünsche. Nein, eigentlich hat er von Natur aus viele Wünsche. Es geht vielmehr darum, die Absicht, die diesen Wünschen zugrunde liegt, zu transformieren."
Obwohl es von Cordovero hieß, er sei der Kabbala-Lehrer, der sich am klarsten auszudrücken wusste, gelang es ihm diesmal nicht, sich verständlich zu machen. Was er auch darzulegen versuchte, es blieb unbeholfenes Gestammel. Als er zu einem erneuten Versuch ansetzte, standen Schweißperlen auf seiner Stirn.
"Aber Rabbi Cordovero", unterbrach ihn Chaim, "ein Wunsch bleibt doch ein Wunsch, gleich, welche Absicht ihm zugrunde liegt. Schaut, ich wünsche mir, der größte Kabbala-Schriftsteller aller Zeiten zu werden. Wie kann ich dieses Verlangen transformieren?"
Joschua, ein Silberschmied, der seine Schmuckstücke stolz zur Schau trug und Chaims Halbbruder war, seufzte laut auf. Es ärgerte ihn, dass Chaim bei jeder Gelegenheit darauf hinweisen musste, dass er einen Kommentar zum Sohar schrieb, der wichtigsten Schrift der Kabbalisten und Schimon bar Jochais Meisterwerk. "Ich vermute, dass deine Absicht, der größte Kabbala-Schriftsteller aller Zeiten zu werden, egoistisch ist", antwortete Cordovero. "Weil du berühmt sein und bewundert werden willst."
Es gibt kein Unkraut, das nicht einzigartig eine bestimmte Krankheit zu heilen vermag. Jeder Grashalm hat seinen Schutzengel, der ihn zum Wachsen ermuntert.
- Der Kabbalist